Lass des Kind doch schrei‘n jung! – Nein! – Oder muss ich doch?

Die Fraktionen der CDU/ CSU und FDP stellten am 22.02.11 einen Gesetzesentwurf vor, der eine Privilegierung des von Kindertageseinrichtungen und Kinderspielplätzen ausgehenden Kinderlärms fordert.

Dem Entwurf geht eine Diskussion über die Frage einer kinderfreundlichen Gesellschaft voraus, die zu Beginn letzten Jahres aufkam. Gerichte stellten eine hohe Anzahl von Verfahren fest, die es in jüngster Zeit wegen des Lärms von Kindereinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen gab.
So entging es auch nicht, dass man den ARD Moderator am Zaun sah, die mit einem Lärmmesser ausgestattet, die Lautstärke auf der anderen Seite maß.
Einerseits beschwerten sich Einwohner über schreiende Kinder vor ihrem Haus, andererseits auch über parkende PKWs, die ihre kleinen Schützlinge von der Lärmburg abholten, und dabei Hof und Straße versperrten. Kläger versuchten mit der „schädlichen Umwelteinwirkung“ des Kinderlärms, d.h. mit dem Bundesimmissionsschutzgesetz zu argumentieren.

Das sagt u.a. folgendes aus:

§1 Abs.1 BImSchG: Zweck dieses Gesetzes ist es, Menschen, Tiere (…) vor schädlichen Umwelteinwirkungen zu schützen und dem Entstehen schädlicher Umwelteinwirkungen vorzubeugen.

§3 Abs.1 BImSchG: Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetztes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

§3 Abs.5 S.1 BImSchG: Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen.

Auf RTL sprachen Experten von Grenz- und Richtwerte wie es sie auch für Industrie- und Sportanlagen gäbe, die hier angewendet werden müssen, während sich im Hintergrund die kleinen Feinde an die Zäune pressten, um auch mal ins Fernsehen zu kommen. Dass man aber hier eine gewisse Toleranz zwischen Industrie und Mensch, d.h zwischen einem materiellen Gut und einer körperlichen Sache erwähnen sollte, ließ man erst einmal außen vor.

Selbstverständlich ist aber, dass Kinder Freiräume brauchen um Dinge zu erlernen, aber ebenso auch um sich körperlich weiterentwickeln zu können. Betreuungseinrichtungen haben die Aufgabe, Kindern diese Möglichkeiten zu geben, und dabei Lärm und Krach zu gewähren. Der Bundesrat spricht in ihrem Beschluss vom 05.03.11 sogar davon, dass „Kinderlärm sozialadäquat“ sei.

Die Fraktionen der CDU/ CSU und FDP forderten schließlich eine Einfügung in §22 Abs.1 BImSchG:

„(1a) Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, sind im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung. Bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen dürfen Immissionsgrenz- und richtwerte nicht herangezogen werden.“

Somit ist das Klagen gegen Kinderlärm in Wohngebieten künftig fast nicht mehr möglich.

(Deutscher Bundestag PM, Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit PM)